Die Kloster-bibliothek Ettal
Ein Zentrum des Wissens und der Spiritualität
Die Klosterbibliothek des Benediktinerklosters Ettal ist ein bedeutendes geistiges Zentrum, das nicht nur die klösterliche Tradition der Wissenschaftspflege widerspiegelt, sondern auch eine reiche und bewegte Geschichte besitzt. Ihre Bestände umfassen eine beeindruckende Sammlung theologischer, historischer und wissenschaftlicher Werke, die seit Jahrhunderten von Mönchen, Gelehrten und Interessierten genutzt werden.
Die Anfänge einer Gelehrten-Bibliothek
Die Gründung des Klosters Ettal geht auf das Jahr 1330 zurück, als Kaiser Ludwig IV., genannt der Bayer, die Benediktinerabtei ins Leben rief. Die ursprüngliche Bibliothek war in ihrer Anfangszeit bescheiden und diente primär der geistlichen Lesung und pastoralen Arbeit des Konvents. Ein erster Nachweis über den Buchbestand stammt aus dem Jahr 1595, als ein Verzeichnis der Bayerischen Staatsbibliothek 283 gedruckte Werke sowie etwa 48 Handschriften listete.
Die Blütezeit der Bibliothek im 17. und 18. Jahrhundert
In der zweiten Hälfte des 17. und im 18. Jahrhundert erlebte das Kloster Ettal seine kulturelle Hochblüte, was sich auch auf die Bibliothek auswirkte. Unter der Führung weitsichtiger Äbte, insbesondere Romuald Haimblinger (1697-1708) und Placidus II. Seiz (1709-1736), wuchs die Sammlung erheblich an. Die Mönche des Klosters waren an Universitäten wie Salzburg und Freising tätig, wodurch wertvolle wissenschaftliche Werke und Nachlässe in den Bestand einflossen. Zudem wurde mit der Gründung der Ettaler Ritterakademie (1711-1744) eine umfangreiche Erweiterung der Bibliothek erforderlich, um Literatur aus den Bereichen Recht, Geschichte, Sprachen, Naturwissenschaften und Ingenieurwesen bereitzustellen.
Der verheerende Klosterbrand von 1744 und der Wiederaufbau
Ein einschneidendes Ereignis in der Geschichte der Klosterbibliothek war der verheerende Brand von 1744, der fast den gesamten Buchbestand vernichtete. Dennoch wurde der Bibliothekssaal im Zuge des Wiederaufbaus erneut errichtet, wenn auch ohne die aufwendige barocke Ausgestaltung. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts konnte die Sammlung wieder aufgebaut werden, bevor sie im Zuge der Säkularisation von 1803 größtenteils zerstreut wurde. Viele Werke gelangten in die Hofbibliothek München (heute Bayerische Staatsbibliothek) oder an andere wissenschaftliche Einrichtungen.
Die Wiedergeburt der Bibliothek im 20. Jahrhundert
Nach der Wiedererrichtung des Klosters im Jahr 1900 begann auch der erneute Aufbau der Bibliothek. Eine bedeutende Grundlage bildeten Buchspenden des Mutterklosters Scheyern sowie weitere Legate und Nachlässe. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde die Bibliothek systematisch erweitert, insbesondere durch Werke aus den Bereichen Theologie, Kirchen- und Ordensgeschichte sowie Byzantinistik. Der Ausbau der Räumlichkeiten in den Jahren 1946 bis 1951 sowie zwischen 1978 und 1983 ermöglichte die Aufnahme einer stetig wachsenden Sammlung.
Die Klosterbibliothek Ettal heute
Heute umfasst die Klosterbibliothek Ettal einen Gesamtbestand von etwa 180.000 Bänden, darunter wertvolle historische Werke aus verschiedenen Jahrhunderten. Neben theologischen Schriften finden sich bedeutende Werke zur Kirchengeschichte, Philosophie, Kunst und Literatur. Die Bibliothek ist zwar nicht öffentlich zugänglich, jedoch werden ihre Bestände zunehmend digital erfasst und stehen über den Kirchlichen Verbund-Katalog zur Verfügung.
Mit ihrer reichen Geschichte und den wertvollen Beständen bleibt die Klosterbibliothek Ettal ein lebendiges Zeugnis benediktinischer Gelehrsamkeit und ein Ort des Studiums und der Kontemplation. Interessierte Besucher haben die Möglichkeit, im Rahmen von Führungen Einblicke in diese einzigartige Sammlung zu erhalten und die historische Atmosphäre zu erleben, die dieses kulturelle Kleinod so besonders macht. Führungen finden nach vorheriger Anmeldung statt und bieten eine einzigartige Gelegenheit, die Schätze der Bibliothek zu entdecken. Informationen zu den Besuchszeiten und Anmeldungen sind auf der Webseite des Klosters erhältlich.