Ein Tag im Kloster Ettal
Ein Tag im Kloster Ettal
Ein Tag im Kloster Ettal folgt einem klar strukturierten Rhythmus aus Gebet, Arbeit und Gemeinschaft. Die Benediktiner-Mönche leben nach der Regel des heiligen Benedikt, die ein ausgewogenes Verhältnis von geistlicher Einkehr und praktischer Tätigkeit vorgibt. Jeder Tag beginnt früh mit dem Gebet und endet in der Stille der Nacht – ein Leben im Einklang mit Gott und der Gemeinschaft.
Der Morgen
Das Leben nach der Regel des Heiligen Benedikt
„Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund Dein Lob verkünde!“ (Ps 51,17)
Mit diesem Vers beginnt für die Ettaler Mönche der Tag, er eröffnet das nächtliche Gebet der Vigilien, und setzt so die Überschrift über den Tag, der ganz unter dem Vorzeichen des Gotteslobes steht.
- 05.15 Uhr (sonntags: 06.00 Uhr): Vigil (das nächtliche Gebet in Erwartung des wiederkommenden Christus) anschließend Laudes (das Morgenlob der Kirche zum Lob des Schöpfers des Himmels und der Erde)
- 06.00 Uhr (sonntags: 11.00 Uhr, dienstags und donnerstags: 19.30 Uhr): Eucharistiefeier (die Heilige Messe, Mitte und Höhepunkt des Tages) anschließend Frühstück und Arbeitszeit
Der Mittag
„… damit in allem Gott verherrlicht werde!“ (RB 57,9; 1Petr 4,11)
Das ist der benediktinischer Leitspruch. Da der ganze Tag, das ganze Leben unter dem Primat des Gebetes steht, wird auch die Arbeit in Ettal als Gottesdienst verstanden. Hier gibt es viele, ganz unterschiedliche Arbeitsbereiche, die sich zu einem großen Ganzen zusammenfügen: dem Aufbau des Reiches Gottes.
- 12.05 Uhr: Mittagshore aus Terz (Anrufung des Heiligen Geistes), Sext (Darbringen unserer Arbeit vor das Angesicht Gottes) und Non (Gedenken an die Sterbestunde Christi)
- 12.30 Uhr: Mittagessen anschließend Mittagspause und Arbeitszeit
Der Abend
„Kamen Worte von dir, so verschlang ich sie; dein Wort war mir Glück und Herzensfreude!“ (Jer 15,16)
Wenn am Abend etwas mehr Ruhe einkehrt, wird es Zeit für die lectio divina (heilige Lesung) – das dritte prägende Element benediktinischen Mönchtums.
Der Heilige Benedikt fordert von seinen Mönchen, ihren Weg „unter der Führung des Evangeliums“ zu gehen, denn die Heilige Schrift ist für ihn der Raum, in dem der Mensch Gott begegnen, ihn kennen lernen und mit ihm in Beziehung treten kann. In diesem Sinne feiern wir dann auch anschließend gemeinsam die Vesper, das offizielle Abendgebet der Kirche, die mit dem Gruß der Gottesmutter, der sog. Marianischen Antiphon, schließt.
- 16.30 Uhr: lectio divina (die geistliche Lesung, welcher jeder Mönch für sich in seiner Mönchszelle vollzieht)
- 18.00 Uhr: Vesper (das große Abendgebet der Kirche zum Dank für Gottes wunderbares Handeln an uns)
- 18.30 Uhr: Abendessen anschließend Rekreation (Zeit für das Miteinander in der Gemeinschaft)
Die Nacht
„Christus führe uns gemeinsam zum ewigen Leben.“ (RB 72,12)
Die Komplet – das Nachtgebet der Mönche, welches bei den Ettaler Benediktinern mit dem Gnadenbildsegen endet, verweist immer wieder auf den Rahmen, in den das Leben eingespannt ist: Steht am Anfang das die Kirche begründende Osterereignis, so darf man am Ende das ewige Leben erhoffen, das durch den Tod und die Auferstehung Jesu geschenkt ist.
Für die Mönche – wie auch für jede Christin, jeden Christen – sollte eigentlich eine jede Nacht „Osternacht“ sein, denn in jeder Nacht sollte man sich bewusst machen, dass das Leben auf das Ziel der ewigen Nähe zu Gott hinläuft. Die Nacht ist die Zeit, die geschenkt wird, um einen vorzubereiten auf die Begegnung mit der ewigen Liebe, indem immer wieder neu die Bekehrung in Angriff genommen und das Leben an dem Morgenstern ausgerichtet wird, der keinen Untergang kennt: Christus, dem Licht der Welt.
- 19.30 Uhr: Komplet (das Gebet zum Abschluss des Tages) anschießend beginnt die Nachtruhe, d.h. der Mönch begibt sich in die Stille seiner Mönchszelle
Leben im Kloster
Der unabdingbare Glaube an Gott als den Schöpfer der Welt, den Erlöser und den Heiligen Geist haben alle Mönche im Kloster in Bayern. Die Geschichten, warum Menschen ins Kloster eintreten, sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Oft wird es als ein stilles Rufen beschrieben, ein Getrieben werden, eine unfassbare Sehnsucht. Gott ruft jeden auf seine Weise, jeden so, dass er es hören kann, wenn er oder sie seine Aufmerksamkeit auf Gott ausrichtet. Zusammen gehalten wird eine solche Gemeinschaft durch den Glauben an Gott und dem gemeinsamen Tagesablauf in Gebet und Arbeit.
Laut dem heiligen Benedikt ist das Kloster eine Gemeinschaft , die „unter einem Abt dem Herrn dient“. Christus ist der innere Bezugspunkt für dieses Leben. Er muss daher auch immer neu sichtbar werden: im Abt, in der Brüderlichkeit der Gemeinschaft, im Gottesdienst, dem „nichts vorgezogen“ werden darf, im mitmenschlichen Dienst aneinander, im guten Eifer zu Gott und dem ewigen Leben hin.